Besuch des Oberbürgermeisters

Samstag, 31. Oktober 2013  -  © 2013 Frankfurter Neue Presse


Mit Mama im Gefängnis


Die Vereinsvorsitzende Ortrud Georg-Pathe bedankt sich bei Oberbürgermeister Peter Feldmann für den Besuch


Der Schmerz junger Mütter, die sich von ihren während der Haft geborenen Babys trennen mussten, stand am Anfang eines Projekts im Frankfurter Frauengefängnis. Inzwischen hat dies längst bundesweit Schule gemacht.

Frankfurt. Gitter gibt es an den Fenstern nicht, und die Frauen haben einen eigenen Schlüssel zu ihren Zellen. Im Frankfurter Frauengefängnis leben einige inhaftierte Mütter mit ihren Kindern zusammen. «Wir bemühen uns, dass sich die Kinder nicht als eingesperrt betrachten», sagt der Abteilungsleiter des Mutter-Kind-Heims der JVA Frankfurt III, Klaus Hermes, bei einem Rundgang mit dem sichtlich beeindruckten OB Peter Feldmann. «Sicher, es geht ja nicht darum, die Kinder zu bestrafen», sagt der SPD-Politiker und lobt das Engagement für das «sehr humane» Projekt mit Modellcharakter für ganz Deutschland.

Offiziell eröffnet wurde die Frankfurter Einrichtung Mitte der 1970er Jahre nach jahrelanger Vorarbeit der damaligen Anstaltsleiterin Helga Einsele. Ausdrücklich in deren Nachfolge sieht sich die neue Leiterin des Gefängnisses, Michaela Wasemüller. In ganz Deutschland gibt es inzwischen zehn Mutter-Kind-Heime mit unterschiedlichen Konzepten.

Nicht alle der kleinen Jungen und Mädchen wüssten, dass sie gerade im Gefängnis aufwachsen, berichtet Hermes. «Wir raten den Müttern zu sagen, wo sie sind. Das machen aber nicht alle.» Manche schwiegen - meist aus Scham. Dabei nähmen es die meisten Kinder besser auf, als ihre Mütter glaubten, und merkten oft ohnehin, wo sie lebten, ergänzt Erzieherin Katrin Haudel. Das Gros der Kinder hat auch ältere Geschwister außerhalb der Gefängnis-Mauern.

Krabbel-, Spiel-, Schlaf- und Speiseraum, bunte Möbel, Spielzeug und Basteleien an den Wänden: In dem Mutter-Kind-Heim des offenen Vollzugs sieht es aus wie in einer ganz normalen Kita. Der Garten ist nicht mit einer Mauer, sondern nur mit einem Sichtschutz von den angrenzenden Reihenhäusern getrennt.

18 Plätze für Frauen mit Kindern gibt es in der Einrichtung, 5 sind gerade belegt. Die meisten dieser Mütter wohnen zusammen mit einem Kind in ihrem Haftraum. «Wir hatten aber kürzlich auch eine Frau mit drei Söhnen», erzählt Hermes. Älter als sechs dürfen die Kinder nicht sein. Die Frauen gehen tagsüber arbeiten, ihre Sprösslinge im Kindergartenalter besuchen die Kitas im Stadtteil. «Das nachbarschaftliche Verhältnis ist ganz gut», sagt Hermes. Auch weil viele Preungesheimer in der JVA arbeiteten.

Im geschlossenen Vollzug gibt es fünf Plätze für Frauen mit Kindern. «Die sind eigentlich immer belegt», sagt Haudel. Die Frauen haben meist in der Haft entbunden und können so ihre Kinder nach der Geburt bei sich behalten - zumindest drei Jahre lang, dann sind sie für den geschlossenen Vollzug zu groß, auch wenn die Erzieherinnen regelmäßig Ausflüge mit ihnen in die Freiheit machen.

Kinder und Mütter sollen nicht getrennt entlassen werden, sagt Hermes. Daher kommen Schwangere mit einer sehr langen Gefängnisstrafe eigentlich nicht infrage. Allerdings konnte manche Frau, deren Kind während der Haft geboren wurde, mit dem dann Dreijährigen in den offenen Vollzug wechseln und nach Verbüßung von zwei Dritteln ihrer Strafe entlassen werden.

Wie stecken die Kinder das Leben im Gefängnis weg? Untersuchungen des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) aus den 1980er Jahren hätten - vereinfacht gesprochen - gezeigt: «Umso jünger die Kinder und umso gelockerter der Vollzug, desto weniger belastet es sie», berichtet Hermes.

Zu den Frankfurter Besonderheiten gehört, dass das Mutter-Kind-Heim als einziges in Deutschland von einem Förderverein unterstützt wird - schon seit 1969. Der Verein sammelt Spenden für Ausflüge, Spielzeug und Freizeiten und unterstützt die Frauen und ihre Kinder während und nach der Haftzeit. Für ihr Engagement und ihre hervorragende Arbeit wird die Vorsitzende Ortrud Georg-Pathe jetzt mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen geehrt.




In der JVA Preungesheim leben inhaftierte Frauen gemeinsam mit ihren Kindern. Foto: dpa


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Kontakt „nach draußen“ halten

Samstag, 29. Oktober 2013 -  © 2013 Frankfurter Rundschau


Ehrung für Vorsitzende des Fördervereins „Mutter-Kind-Heim Preungesheim“


Von Lukas Gedziorowski


Auf den ersten Blick erscheint as Mutter-Kind-Heim in Preungesheim wie eine Kindertagesstätte: Bunte Spielräume, ein Schlafraum, verschlossene Türen zur Sicherheit der Kinder. Doch es ist mehr: Eine Abteilung der Justizvollzugsanstalt III. Hier leben Frauen im offenen oder geschlossenen Vollzug zusammen mit ihren Kindern. Betreut werden hier beide: Mutter und Kind.

Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hat die Einrichtung am Montag besucht. Anlass dafür war eine Ehrung, die am heutigen Dienstag der Vorsitzenden des Fördervereins zuteil wird:
Ortrud Georg-Pathe erhält von Landrat Oliver Quilling (CDU) den Ehrenbrief des Landes Hessen für ihre Arbeit. Die 62-Jährige betreut seit Ende der 90er Jahre ehrenamtlich die Mütter in der Einrichtung. Seit 2001 ist sie Mitglied im Verein, seit vier Jahren sitzt sie ihm vor.

Ihre Arbeit bestehe darin, vor allem die Frauen in der geschlossenen Haft zu besuchen und den „Kontakt nach draußen“ herzustellen, sagt die pensionierte Grundschullehrerin. Was ihr an der Arbeit gefalle, sei „die Freude, helfen zu können, etwas Gutes zu tun“. Mit manchen halte sie auch nach der Haft Kontakt. „Die meisten aber melden sich nicht mehr“, sagt sie. „Das ist ein gutes Zeichen. Wir bereiten die Frauen auf die Arbeit vor.“

Anstaltsleiterin Michaela Wasemüller dankte am Montag der Vereinsvorsitzenden und lobte sie für ihren „Willen, ihr Geschick, ihr Herzblut und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit“. Der Förderverein „Mutter-Kind-Heim Preungesheim“ unterstützt die Familien nicht nur durch Besuche und Gespräche, sondern sammelt auch Spenden. Damit bezuschusst er Fahrten der Frauen zu ihren Kindern, um Familienkontakte aufrecht zu erhalten, er finanziert Näh- und Fortbildungskurse und trägt zur Ausgestaltung von Kinderfesten bei. Gegründet wurde der Verein 1969 als freie Bürgerinitiative.

Oberbürgermeister Feldmann hob die Bedeutung des MutterKind-Heims hervor: „Die Trennung vom Kind ist für Eltern das Schlimmste, das man sich vorstellen kann“, sagte er. „Sie ist eine Belastung für die gesamte Familienstruktur.“ Feldmann nannte die Einrichtung ein „humanes Projekt“, das zur Stadt passe und auf das man stolz sein könne. Der Oberbürgermeister rief zu Spenden für den Verein auf.

Das Mutter-Kind-Haus wurde 1974 eröffnet. Es war das erste seiner Art in Deutschland. Angefangen hatte es als Teil des geschlossenen Vollzugs. Nachdem man in den 80er Jahren herausgefunden hatte, dass sich die Kinder umso besser entwickelten, je mehr Freiheiten die Mütter hatten, wurde eine Abteilung für den offenen Vollzug eingerichtet.

Mittlerweile gibt es bundesweit zehn Mutter-Kind-Häuser, das Preungesheimer ist das einzige mit einem Förderverein. Derzeit sind in Frankfurt zehn Kinder von Frauen im offenen und fünf Kinder im geschlossenen Vollzug untergebracht. Während die Kinder im offenen Vollzug oft bis zur Schulpflicht bleiben, leben Kinder im geschlossenen nur bis zum dritten Lebensjahr dort und besuchen dann einen öffentlichen Kindergarten.