Hilfe in schwieriger Situation
Geschrieben von: op-online   

Freitag, 07. Juni 2013

Von Holger Klemm


Verein Mutter-Kind-Heim engagiert sich für inhaftierte Frauen / Dreieicherin ist Vorsitzende


Dreieich - Eigentlich wollte Ortrud Georg-Pathe als Mitglied der Hayner Weiber nur eine Spende an den Verein Mutter-Kind-Heim Preungesheim übergeben. Doch sie war an dem Abend so fasziniert von der Arbeit, dass sie sich spontan zum Beitritt entschloss. Das war vor gut zehn Jahren. Seit März 2010 ist sie Vorsitzende. Es ist der einzige Verein dieser Art in Deutschland.


Das war vor gut zehn Jahren. Seit März 2010 ist sie Vorsitzende. Es ist der einzige Verein dieser Art in Deutschland.

von links: Ortrud Georg-Pathe, BVKJ-Präsident Dr. Wolfram Hartmann, Juliane Hielscher



Ziel ist es, die Haftbedingungen der Frauen mit ihren Kindern in der Justizvollzugsanstalt in FrankfurtPreungesheim zu verbessern und ihnen ein Stück Normalität zu vermitteln. Als das Mutter-Kind-Heim 1975 eröffnet wurde, war es das erste seiner Art in Deutschland und ein Modellprojekt. Denn dort werden Mütter, die in Haft kommen, von ihren kleinen Kindern nicht getrennt. Damals stand dahinter die Erkenntnis, dass es besser ist, eine Trennung zu vermeiden und den Kindern die Chance des Zusammenlebens zu erhalten. Viele von ihnen kommen in der Haft zur Welt.

Es gibt in Preungesheim einen offenen Vollzug mit derzeit acht Frauen und elf Kindern sowie einen geschlossenen mit vier Frauen und vier Kindern.

Der bereits 1969 gegründete Verein hat von Anfang an die Bewohnerinnen mit Rat und Tat unterstützt, sich aber auch für die wissenschaftliche Begleitung engagiert.

Georg-Pathe hat eine Ausbildung als ehrenamtliche Begleiterin im offenen Vollzug. Einmal in der Woche ist die Dreieicherin in Preungesheim und sucht den Kontakt zu den Inhaftierten. Dabei nimmt sie die Sorgen der Mütter zur Kenntnis, diskutiert mit ihnen und berät bei Bedarf die Themen mit der Heimleitung. Georg-Pathe begleitet auch Frauen auf Ausgängen außerhalb der Haftanstalt. „Viele haben panische Angst vor dem Verkehr und dem Lärm draußen. Sie glauben gar nicht, wie schnell ein Mensch so etwas verlernt.“

Der Verein ist der Ansicht, dass es keine Erklärung für strafbares Handeln gibt. „Die allermeisten strafbaren Handlungen, die uns zur Kenntnis kommen, sind daraus entstanden, dass ein Mensch einer schwierigen Lebenssituation nicht gewachsen war“, heißt es auf der Homepage. Die Frauen, mit denen der Verein zu tun habe, benötigten Hilfe auf ihrem schwierigen Weg.

Bei ihrer Arbeit wird die Dreieicherin von vielen Mitarbeitern unterstützt, die in der JVA gearbeitet haben. Die ehemalige Leiterin ist stellvertretende Vorsitzende des Vereins. Momentan hat der Verein 42 Mitglieder. „Zu 80 Prozent finanzieren wir uns aus Bußgeldern, der Rest sind Spenden und Mitgliedsbeiträge“, betont die Vorsitzende.

Und damit würden Aufgaben finanziert, für die dem Heim das Geld und Personal fehlten. Dazu gehören Nähkurse, damit die Frauen eine Beschäftigung haben, Sommerfeste und Weihnachtsfeiern. Bezahlt werden Fahrtkosten für den Besuch von älteren Kindern, die nicht mehr im Mutter-Kind-Heim leben, oder Telefonate, um den Kontakt mit den Familien aufrecht erhalten zu können. Unterstützung gibt es auch für Frauen, die nach der Entlassung vor der schweren Aufgabe stehen, sich ein neues Leben aufzubauen.

„Unsere Arbeit ist viel zu wenig bekannt“, sagt Georg-Pathe. Das hat sich nun ein wenig geändert. Für das ZDF hat die Journalistin Juliane Hielscher die Reportage „Kindheit im Knast“ gedreht. Diese wurde mit dem Medienpreis des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in der Kategorie TV-Reportage ausgezeichnet. Bei der Preisübergabe in Berlin war auch Georg-Pathe, die sich über die Unterstützung von dieser Seite sehr freute.