Das Mutter-Kind-Heim in der JVA III in Frankfurt am Main – Preungesheim Drucken

 

Am Anfang stand die Anteilnahme am Schmerz junger Mütter, die sich von ihrem während der Haft geborenen Kind trennen sollten. Helga Einsele, seit 1947 Leiterin der Frauenhaftanstalt in Frankfurt am Main – Preungesheim, suchte nach Wegen, die Trennung zu vermeiden und den Kindern die Chance des Zusammenlebens mit der leiblichen Mutter zu erhalten. Es wurden Zwischenlösungen gefunden, zum Teil sogar im Widerspruch zu den Anweisungen der vorgesetzten Behörde. Prominenter Unterstützer von Helga Einseles Bemühungen: der damalige Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. 1969 verlieh die Humanistische Union Helga Einsele für ihr Eintreten für das Projekt 'Gemeinsame Unterbringung von inhaftierten Müttern mit ihren kleinen Kindern' den Fritz-Bauer-Preis. Im gleichen Jahr gründeten interessierte Mitbürger den Verein 'Kinderheim Preungesheim e.V.' , der sich für das Projekt in der Öffentlichkeit einsetzte. Es wurden viele Förderer gefunden – aus den Kirchen, aus den Parteien und unter Privatleuten. Der Hessische Landtag schloss sich in einer Sitzung den Bestrebungen an – die weiblichen Abgeordneten aller Parteien stimmten dafür. Der Bau eines Mutter-Kind-Heims in der Frauenhaftanstalt konnte in Angriff genommen werden und wurde 1975 fertiggestellt. Das Mutter-Kind-Heim wurde am 1. April 1975 eröffnet.

 

Der Verein hat das Mutter-Kind-Heim und seine Bewohnerinnen und Bewohner seitdem mit Rat und Tat begleitet. Inzwischen wurde der Name modernisiert; der Verein nennt sich seit einigen Jahren 'Mutter-Kind-Heim Preungesheim e.V.' Er finanziert seine Arbeit aus Beiträgen, Spenden und Bußgeldern. Die Mitglieder des Vereins arbeiten ehrenamtlich.

 

Auch für die wissenschaftliche Begleitung des Mutter-Kind-Heims hat der Verein sich engagiert. Nach einem ausführlichen Gutachten des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. konnte erreicht werden, dass auch für Mütter, die sich mit ihren kleinen Kindern in Haft befinden, die Möglichkeiten des offenen Vollzugs eingeräumt wurden. Im Jahr 1988 wurde die Gefängnismauer so umgelegt, dass das offene Mutter-Kind-Heim sich außerhalb des Anstaltsgeländes befindet und von außen zugänglich ist. Es bietet heute Platz für 18 Frauen. Um auch Untersuchungsgefangenen die Chance zu erhalten, mit ihren kleinen Kindern zusammen zu leben, musste auf dem Anstaltsgelände ein kleineres Gebäude zur Unterbringung von 5 Mutter-Kind-Paaren im geschlossenen Vollzug umgebaut werden.

 

Dem Beispiel von Hessen sind mehrere Bundesländer mit der Errichtung von Mutter-Kind-Heimen gefolgt. In einer informellen Arbeitsgemeinschaft finden sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dieser Heime zu einem jährlichen Gedankenaustausch zusammen.

 

Das Hessische Strafvollzugsgesetz, das am 1. November 2010 in Kraft getreten ist, ist der hessischen Tradition verpflichtet. Es bestimmt in § 74 unter den Überschrift

 

Unterbringung von Gefangenen mit Kindern

(1) Nicht schulpflichtige Kinder von Gefangenen können mit Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit ihnen gemeinsam in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht werden, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten der für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung gefährdet würde.

(3) In geeigneten Anstalten sollen Einrichtungen vorgesehen werden, in denen Gefangene mit ihren Kindern untergebracht werden können.